Deswegen sind Differenzen zwischen Planungs- und Bauprozess nichts Ungewöhnliches. In allen anderen Industriezweigen ist die Fertigung nach 3D-Daten seit Jahren Standard. Die Brückner Architekten GmbH als Generalplaner und der Spezialist für hochwertigen Innenausbau und Systembau, Schotten & Hansen, haben dieses Vorgehen bei der Planung einer zweigeschossigen Penthouse Wohnung im obersten Stock der Hamburger Elbphilharmonie in die Bauwelt übertragen. Die Entwurfsplanung stammt dabei von der international tätigen Innenarchitektin Irena Richter.
Schwierige Schnittstellen im klassischen Planungs- und Bauprozess
Die schwierigste Schnittstelle im klassischen Planungs- und Bauprozess, die verantwortlich für die meisten Störungen ist, ist der Übergang von der Ausführungsplanung auf die Baustelle. Während der Ausführung müssen viele verschiedene Gewerke zusammenspielen, die jeweils die Ausführungsplanung erhalten. Zwischen diesen Gewerken gibt es Schnittstellen und potentielle Missverständnisse, die zu den heute bekannten Störungen im Planungs- und Bauprozess führen.
Ein 3D-Modell als Basis für alle Projektschritte
Der Systembau Schotten & Hansen / Brückner Architekten sieht vor, dass zunächst ein 3D-Scan der Gebäudehülle vorgenommen wird. Dieser 3D-Scan führt zu einem Computermodell, das millimetergenau die Bestandssituation abbildet. Das Computermodell ist dreidimensional und dient als Basis für die darauf aufbauende Planung, die natürlich ebenso dreidimensional in das Computermodell integriert wird. Die bis zu diesem Zeitpunkt aufgetretenen Bautoleranzen werden erkannt, die Planung des Innenausbaus antizipiert diese, da sie sich in einem Scan des 3D-Modells entwickelt. Das entwickelte 3D-Modell besteht aus Gebäudehülle und Innenausbau und stellt die Basis für alle darauf folgenden Projektschritte dar.
Montage von vorgefertigten Elementen
Da der 3D-Scan die Bestandssituation auf den Millimeter berücksichtigt, kann somit auch die Planung des Innenausbaus millimetergenau durchgeführt werden. Vor Ausführung des Innenausbaus ist kein weiteres Aufmaß mehr erforderlich, sämtliche Bestandteile können im Wege der Vorfertigung unabhängig von der Baustelle produziert werden. Auf der Baustelle werden diese dann „nur“ noch zusammengesetzt. Es ist kein Sägen und Bohren mehr erforderlich, es entsteht nahezu keine Verschmutzung, alle Teile passen ineinander. Es handelt sich also um keinen Bau im klassischen Sinne, sondern um eine Montage von vorgefertigten Elementen. Alle Detailpunkte können im Vorfeld im 3D-Modell final geklärt werden. Es gibt keine Überraschungen auf der Baustelle durch Bautoleranzen. Die Wohnung in der Elbphilharmonie ist die konsequente Transformation der digitalen Technologie in das Bauwesen: digitales Bauen!
Außergewöhnlich sphärisch geformte Innenarchitektur
In der Wohnung 24.41 der Elbphilharmonie wurde dem Käufer ausnahmsweise gestattet, den ursprünglich vorgesehenen Innenausbau zu verändern. Bedingung war jedoch, dass die Ausführung nicht mit umfassenden Baumaßnahmen in einer nahezu fertig gestellten Elbphilharmonie verbunden ist, die gegebenenfalls Störungen für den Betrieb der Elbphilharmonie und ein Risiko für das Gebäude darstellt. Durch die gegebenen Zwänge sowie durch die außergewöhnliche sphärisch geformte Innenarchitektur war die Vorfertigung der Bauteile in diesem Fall die einzige Möglichkeit, das Vorhaben zu realisieren.
Übertragung der Skizzen in ein 3D-Computermodell
Die durch die Innenarchitektin entwickelten Skizzen wurden bei Brückner Architekten in einem 3D-Computermodell zusammengesetzt und so lange feinmodelliert, bis die Form exakt den Vorstellungen aller Beteiligten entsprach. Die so gefundene 3D-Struktur wird nun bei der Fertigungsfirma in Fertigungsdaten übersetzt. Alle Bauelemente der Wohnung wie Wände und Deckenelemente werden vorgefertigt gefräst. Das eingesetzte Material ähnelt einem besonders leichten Porenbeton. Die Entscheidung für dieses Material wurde getroffen, da sich dieser besonders gut mit einer 3D-Fräse bzw. einem Fräsroboter bearbeiten lässt. Außerdem handelt es sich um ein mineralisches Material, das Feuchtigkeit auf- und abgeben kann und für die vom Kunden gewünschte verputzte Oberfläche einen geeigneten Untergrund darstellt.
Exakte Vorbereitung der Montage
Bei der Produktionsplanung werden die erforderlichen Bauelemente im Einzelnen durchgeplant und nummeriert, so dass gewährleistet ist, dass später bei der Montage auf der Baustelle nach einer exakt vorgegebenen Reihenfolge alle Bauteile angeliefert und der Reihe nach vor Ort montiert werden können. Gleiches gilt für alle Bestandteile der technischen Gebäudeausrüstung wie Rohrleitungen für Heizung, Kühlung und Lüftung. Auch hier dient das 3D-Modell zur Vorfertigung der Bauelemente. Es muss vor Ort kein Rohr mehr geschnitten werden, alle Bestandteile werden einzeln angeliefert und nur miteinander verbunden.
Ausführliche Berichterstattung in den Medien
Auf german-architects haben Projektleiter Frank Wenzel und der Geschäftsführer der Rendeffect GmbH, Son Phung, im Gespräch mit Martina Metzner erklärt, wie das Interior des Apartments in der Elbphilharmonie entstand. Hier geht es zum Interview!
Macher mit Wirkung
Mit Ihrer Stimme haben wir das Publikumsvoting beim materialPREIS 2019 für uns entschieden! Wir sind sehr stolz auf diese Auszeichnung und freuen uns, dass unsere Arbeit für das Projekt “Apartment Elbphilharmonie” nun einen ersten Award erhalten hat.
Würdigung der geleisteten Arbeit
Son Phung, Geschäftsführer der Rendeffect GmbH und Frank Wenzel, Projektleiter bei der Brückner Architekten GmbH, waren bei der Preisverleihung im Stuttgarter Hospitalhof anwesend, um die Siegertrophäe stellvertretend für das ganze Team in Empfang zu nehmen. Eine solche Würdigung der geleisteten Arbeit ist immer eine ganz besondere Freude! Aber was macht das Apartment in der Elbphilharmonie so besonders?
Das hat Frank Wenzel im Interview verraten: Hier geht es zum Interview!
Komplex geformte Oberflächen erfordern neue digitale Methoden
CORA, ein junges Tochterunternehmen von Brückner Architekten, realisierte den gesamten Prozess von der Planung bis zur Erstellung der Fertigungsdaten nach einem durchgängig digitalen Prozess mit einem zentralen 3D-Modell. Der renommierte Spezialist für hochwertiges Interieur, Schotten & Hansen aus Peiting, hat als Mitgründer von CORA und Generalunternehmer den digitalen Fertigungsprozess bis hin zur Baustellenlogistik und Montage umgesetzt.
Welche Herausforderungen es dabei zu bewältigen gilt, berichtet CEO Bernhard Heinloth im Interview.
Der Preis für Hersteller und Planer
Der materialPREIS ist von der Materialagentur raumPROBE ins Leben gerufen worden und fokussiert sowohl die Entwicklung als auch die Planung und den Einsatz besonderer Materialien. Im jährlichen Wechsel wird der Preis an Hersteller und Planer vergeben. Hannes Bäuerle, Geschäftsführer der raumPROBE, ist immer wieder beeindruckt von der Vielfalt der Projekte.
Weitere Informationen finden Sie hier!
Projektdaten
Apartment in der Elbphilharmonie
Projektleiter: Laurent Brückner, Son Phung, Frank Wenzel
Größe: 250 m² BGF
Bauzeit : 2014 – 2020